#1

Bis das der Tod uns scheidet...

in Eure Geschichten 26.05.2014 19:56
von Gelöschtes Mitglied
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1. Rückblick

Wir liefen beide am Strand entlang, der Sand klebte an unseren nackten Füssen und liess hinter uns eine lange Spur nieder, die direkt zu uns führte, meilenweit. Hand in Hand spazierten wir diesen Weg entlang, ohne ein Ziel zu haben. Neben uns das offene Meer, welches das schöne rot-orange der untergehenden Sonne widerspiegelte und unsere Schatten immer mehr in die Länge zog.
Irgendwann hielt er an und stellte sich vor mich hin. Er schaute mir tief in die Augen und streichelte mit seiner Hand meine Wange. Ich sah, wie sich seine Lippen bewegten und er mir irgendwas sagte, aber ich verstand nicht, was. Im nächsten Moment war mir dies ziemlich egal, denn er legte seine Lippen auf meine und wir küssten uns leidenschaftlich.
Die Zeit schien still zu stehen und alles um uns verschwand. Es gab nur noch ihn und mich. Dieser Moment hätte für immer andauern können...
Als er sich wieder von mir löste und ich langsam wieder meine Augen öffnete, war plötzlich ein anderer vor mir. Er sah ihm ziemlich ähnlich, nur etwas älter und verkommener und die Falten schienen sich noch viel fester im Gesicht verankert zu haben, als die, die er hatte. Nachdem ich kapiert hatte, wer vor mir stand, breitete sich in mir Panik aus und ich schaute um mich. Der Strand war weg, kein Meer und keine Sonne waren mehr da. Es war dunkel und so viel ich wahrnehmen konnte, schienen wir in einem Wald zu sein. Panik. Angst.
Ich machte einen Schritt zurück und der Mann, nein, sein Bruder fing an, mich anzuschreien. Er brüllte drauf los, aber kein Ton entkam seiner Kehle. Nun merkte ich auch, dass alles um mich rum still war. Nichts war zu hören. Was war hier los?
Ich schaute noch einmal um mich, suchte nach einem Fluchtweg und nach IHM, doch ich erkannte nichts, ausser unendliche Dunkelheit. Mein Atem ging schneller und meine Augen weiteten sich aus.
Sein Bruder machte einen Schritt auf mich zu und hob seine Hand. Erst beim zweiten Mal hinsehen erkannte ich, dass er eine Waffe hielt, die nun direkt auf mein Gesicht zielte.
Sein Mund verzog sich zu einem fiesen Lächeln und bevor ich meine Augen zusammen kniff, konnte ich noch erkennen, wie seine Lippen die Worte „Wir sehen uns in der Hölle“ formten.

*BOOM*

Durch einen lauten Knall wurde ich wieder wach und sah nun der schrecklichen Realität ins Auge. Ich war im Wald auf einem Baum, hatte mich dort für ein paar Stunden zur Ruhe gesetzt, um mal schlafen zu können. Natürlich hatte ich mich am dicken Ast festgebunden, um nicht herunterzufallen.
Als ich um mich blickte, sah ich von weitem, dass irgendwas brannte und nur kurz darauf war eine Explosion erkennbar. Scheisse, dass lockt die Viecher doch nur an...
Kaum hatte ich diesen Gedanken, waren unter mir auch schon zwei der Beisser erkennbar. Ich wartete, bis sie an mir vorbeizogen und band mich dann los, verstaute die Seile in meinem Rucksack, welchen ich dann ganz schnell über meine Schultern umhängte. So vorsichtig wie möglich kletterte ich den Baum runter und rannte dann in die entgegengesetzt Richtung der Explosion.
Unterwegs traf ich zum Glück nur ein paar einzelne Beisser, die ich dann mit Leichtigkeit mit meinem Messer erledigen konnte. Ich war wieder mit einem eher langsamerem Tempo unterwegs, um mal ein wenig durchatmen und meine Kräfte aufsparen zu können, falls ich abhauen müsste. Die Welt war schliesslich nicht mehr das, was sie einmal war.
Es war schon ein paar Stunden her, seit ich den letzten Beisser sah und irgendwann brannte sich mein Traum wieder in meinen Kopf ein. War schon komisch, wieder von ihm geträumt zu haben, denn eigentlich wollte ich die ganze Sache ein für alle mal vergessen. Was nützten mir die Erinnerungen von früher, wenn ich nicht einmal wusste, ob er noch lebte oder sich schon mutiert hatte? Und trotzdem hatte ich danach immer wieder einen richtig grossen Kloss im Hals.
Die Erinnerungen taten immer nur weh und mein Körper fühlte sich danach schwer und erschöpft an. Erschöpft nicht vom rennen oder laufen, sondern erschöpft vom Leben und der Ungewissheit, ob er immer noch durch diese Wälder umherstreifte und um sein Überleben kämpfte. Dachte er überhaupt noch an mich? Vermutlich nicht. Sein Bruder hat ihm bestimmt eingeredet, dass es sich nicht lohnt noch einen einzigen Gedanken an mich zu verschwenden. Naja, wahrscheinlich hatte er Recht, ich hätte die beiden eh nur aufgehalten, so wie ich damals war.
Ängstlich, ohne jeglichen Mut und vor allem ohne Hoffnung. Das Einzige, was mich noch weiterkämpfen liess, war er.
Irgendwie war ich seinem Bruder auch dankbar dafür, dass er mich gezwungen hatte, wegzugehen, denn ansonsten wäre ich nie soweit gekommen wie jetzt. Ich hätte mich nie so entwickeln können, wenn ich bei ihnen geblieben wäre und wäre auch sicherlich nicht so lange am Leben gewesen.
Das ganze hatte also doch eine gute Seite.


zuletzt bearbeitet 26.05.2014 20:31 | nach oben springen


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